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Kostenlose Zeitungen - eine internationale Marktstudie

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Summary

Für einen der Wendepunkte in der Geschichte der Tagespresse lässt sich aus heutiger Sicht ein Datum angeben: Es gibt zum einen die Zeit vor 1995 (in diesem Jahr erschien in Stockholm erstmals die Zeitung Metro) und zum anderen die Zeit danach. Der internationale Erfolg dieses Konzepts einer kostenlosen Tageszeitung hat die Verlage gleich in dreifacher Hinsicht komplett umdenken lassen: Erstens ist es vielleicht doch kein ehernes Gesetz, dass sich zwei Bevölkerungsgruppen kaum oder gar nicht für Zeitungen interessieren, nämlich Frauen und die "Jugend" (d. h. Menschen unter 35). Zweitens kann offenbar eine Gruppe, die keine Erfahrungen mit dem Herausgeben von Zeitungen hat, aber über ausreichende finanzielle Mittel und langfristige Ambitionen verfügt, aus dem Stand eine lebensfähige Zeitung gründen. (So zu beobachten bei MTG Publishing, einer Tochtergesellschaft der Modern Times Group, die wiederum eine Tochter der schwedischen Kinnevik-Gruppe ist.) Drittens scheint zwischen den Erwartungen der Leser in Singapur, Stockholm oder Buenos Aires kein wesentlicher Unterschied zu bestehen. Die Liste der Erkenntnisse ist sogar noch viel länger und fällt je nachdem, welches Land man gerade betrachtet, immer ein wenig unterschiedlich aus. In London beispielsweise konnte eine so traditionsreiche Verlagsgruppe wie Associated Newspapers durch eine rasche Entscheidung und Entschlossenheit beweisen, dass man eine solche Initiative auch kontern und sich die Vorteile des neuen Konzepts selbst zu Nutze machen kann. In Deutschland, wo die Marktpenetration aufgrund der gesetzgeberischen Autonomie der Bundesländer und der finanziellen Ressourcen der lokalen Verlagsgruppen sehr schwierig ist (es sind nur sehr wenige ausländische Gruppen präsent), sorgte eine norwegische Gruppe (Schibsted) bei den lokalen Verlegern für Aufruhr, als sie in Köln eine kostenlose Tageszeitung herausbrachte. Wie sie auch immer heißen - Metro, 20 Minuten, Sp!ts, Streats oder Morning News - die kostenlosen Zeitungen in aller Welt haben einige wichtige Merkmale gemeinsam: die Erscheinungshäufigkeit (die wichtig ist, um das Produkt auf Dauer zu etablieren) einen Inhalt, der leicht lesbar ist, aber eine hohe Qualität aufweist einen charakteristischen Stil eine bestimmte Verteilungsstelle (in und an Nahverkehrseinrichtungen) und einen günstigen Auslieferungszeitpunkt (frühmorgens). Mike Anderson, Geschäftsführer von London Metro, liefert den Inserenten eine klare Zusammenfassung seines Konzepts: Metro steht hinsichtlich seiner Nutzung näher an der Rundfunk- und Außenwerbung. Metro ist schnell und reaktionsfähig und erreicht auch Menschen, die morgens nicht im Auto Radio hören und auf dem Weg zur Arbeit im Pendlerzug nicht mit Plakaten konfrontiert werden. Und glauben Sie nur nicht, weil Ihre Stadt nicht über das Verkehrsnetz einer Großstadt verfügt, wären Sie vor diesem Phänomen sicher. Die Herausgeber von kostenlosen Zeitungen dieser Art sind auch schon in die Busse oder die sonstigen vorhandenen Nahverkehrsmittel vorgedrungen, sogar ohne ihre Produkte innerhalb des Nahverkehrsnetzes selbst zu verteilen. Frankreich widersetzt sich diesem Phänomen bisher noch. A Nous Paris weicht stark vom Metro-Konzept ab, obwohl es sich auch hier um eine kostenlose (wöchentliche) Zeitung handelt, die über das Nahverkehrsnetz verteilt wird. Paradoxerweise ist die Idee einer kostenlosen, in der Metro verteilten Tageszeitung schon viele Jahre alt. Beispiele sind die Ideen für redaktionelle Gratiszeitungen, die von der Anzeigenblatt-Verlagsgruppe Comareg entwickelt und später wieder aufgegeben wurde, um die Rentabilität der herkömmlichen Anzeigenblätter nicht zu gefährden, oder in neuerer Zeit das Blatt InfoMatin, dessen Gründer sich bereits mit den schwedischen Herausgebern von Metro in Verbindung gesetzt hatten und ernsthaft daran dachten, ihre Zeitung der RATP (RATP ist die Pariser Metrogesellschaft) anzubieten. Ein ehemaliger Direktor der Amaury-Gruppe beobachtete die internationale Entwicklung von Metro aufmerksam und dachte über eine angepasste Pariser Version nach. Dieses Projekt wurde aber wegen strategischer Prioritäten und aufgrund von Verhandlungsschwierigkeiten mit dem Syndicat du Livre nicht realisiert. Die Arbeitsgruppe der norwegischen Gruppe Schibsted für eine kostenlose Tageszeitung war einige Zeit in den Büros der Amaury-Gruppe untergebracht (Druckvereinbarungen wurden jedoch mit Quebecor und Le Monde getroffen), ist dort aber aufgrund von Interessenskonflikten zwischenzeitlich wieder ausgezogen. Die meisten Pariser Verlagsgruppen wurden auf die Zusammenarbeit an einem solchen Projekt angesprochen (insbesondere im Hinblick auf das Druckproblem). Sowohl Schibsted als auch Metro International sind derzeit zum Launch bereit und haben diesen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Studie eventuell sogar schon durchgeführt. Eines ist gewiss: Sobald die "Metromanie" Paris erobert hat, ist keine größere Stadt in Frankreich davor sicher. Der einzige Grund dafür, dass es in Lyon, Marseille, Bordeaux oder anderswo noch keine kostenlosen Zeitungen gibt, liegt in der Zentralisierung der Entscheidungsprozesse in der Werbebranche (übrigens keine typisch französische Erscheinung). Ein junger Medienplaner in Paris, der auf dem Weg zur Arbeit in der Metro eine hochwertige kostenlose Zeitung liest, wird versucht sein, diese Zeitung in einen Medienplan zu integrieren - besonders wenn viele Leute um ihn herum ebenfalls diese Zeitung lesen. Schibsted entschied sich wegen der Anzeigen, das Projekt nicht in der Provinz zu starten, und machte Paris zum vorrangigen Ziel. Associated Newspapers führte die gleiche Analyse durch: Man beginnt zunächst in der Hauptstadt und fährt dann anderswo fort, das Medium zu einer überregionalen Tageszeitung mit einer Auflage von 800 000 Exemplaren aufzubauen (siehe die nationalen Verbreitungszahlen für die britischen Gratiszeitung Metro). Zum Schluss zwei Anmerkungen, die für Beobachter von Interesse sein dürften, die den Fortgang dieses Projekts verfolgen: Die Kosten für die Einführung der Londoner Metro sollen geringer gewesen sein als die jährlichen Marketingausgaben von Associated Newspapers zur Stabilisierung der Auflage ihrer Kauf-Tageszeitungen (denen es übrigens sehr gut geht). Eine hochwertige Gratiszeitung trägt mit Sicherheit zur Verteidigung der Printmedien bei, da ihre Berichterstattung nicht über Nachrichten in Kürze hinausgeht dadurch, dass diese Blätter ihre Leser an eine tägliche Zeitungslektüre gewöhnen, können sie den Absatz von Kaufzeitungen unterstützen. Auch ist dies eventuell eine Strategie, die man parallel zu den Förderprogrammen verfolgen sollte, mit denen Schüler an die Zeitungslektüre herangeführt werden sollen.


Date:
2002-04-01
Language:
German
Type:
IFRA Special Report
Number:
6.25.01
Author:
Arnould Valérie, Peyrègne Vincent

Author

Jochen Litzinger's picture

Jochen Litzinger

Date

2002-05-15 01:00

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